Hellgate: London Kritischer Text zu MMORPG und Geschichte

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Die Entwicklungsgeschichte des MMORPGs

Die historische Entwicklungsgeschichte von Rollenspielen: vom einfachen Single-Player-Spiel bis hin zum komplexen MMORPG. oder: Werden wir Spieler für dumm verkauft?

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Es war einmal, vor langer, langer Zeit, da hatten die Rollenspiele gerade erst den Sprung vom Pen&Paper auf den Computer geschafft. Bis auf ein paar freakige Studenten mit Einwählmodems wusste kaum noch jemand was "Internet" überhaupt ist. Alle Spiele waren ausschließlich im Single-Player-Modus spielbar. Und Gott sprach: "WERDET MULTI-PLAYER!" Und die Programmierer erfanden IPX, ein Netzwerk-Protokoll das es erlaubte über LAN zu spielen. Und die Spieler verbunkerten sich mit Knabberein, Bier und Pizzabestellkarten gemeinsam im Keller und verhalfen der Lan-Party zur Geburt. Und Gott sah, dass es gut war.

Aber dann begann das Internet seinen Siegeszug und die Anschlüsse wurden billiger und viele Spieler wollten nun auch in den zeitlichen Pausen zwischen den Lan-Parties Multi-Player spielen können. Also sprach Gott: "WERDET ONLINE!" Und die Programmierer schrieben Spielmodi die Spiele über TCP/IP und UDP erlaubten. Und die Spieler die sich von den Lan-Parties kannten tauschten ihre IP-Adressen aus und spielten jeden Abend über direkte Verbindung. Und Gott sah, dass es gut war.

Aber irgendwie war es umständlich sich über Telefon, Email, IRC, Foren oder später dann auch Instant Messenger zu einem Spiel zu verabreden und sich die IP-adresse ansagen zu müssen. Auch hatten nicht immer alle Lan-Kollegen Zeit für ein Spiel. Aber es musste doch auch noch viele andere Lan-Gruppen geben, und wenn es nur eine möglichkeit gäbe sich mit diesen auch abzusprechen, könnte man sicher jederzeit ein Spiel starten. Also sprach Gott: "WERDET COMMUNITIES!" Und die Programmierer erfanden das Battle.net und andere möglichkeiten auf direktem Wege kontakt mit allen anderen Spielern weltweit aufzunehmen und diese unkompliziert auf ein Spiel einladen zu können. Und Spieler der unterschiedlichsten Nationalitäten und Hautfarben trafen sich in den Communities und spielten Diablo miteinander.

Aber dann kam der Teufel und führte die Spieler in Versuchung: "Nimm diesen Cheat und du wirst besser sein. Und du wirst gewinnen. Und alle werden sehen, dass du besser bist, und werden dich beneiden. Du willst doch besser sein als die anderen? Das ist doch der Grund warum man Spiele spielt, nicht?" Und viele Spieler konnten nicht widerstehen. Streit und Hass brachen aus in den Communities und die Spieler erfanden das Flamen. Und mehr und mehr Spieler wurden frustriert und unzufrieden und hatten keinen Spaß mehr an den Spielen weil sie sich unfair behandelt fühlten. Und sie haderten mit Gott. Also sprach Gott: "WERDET SERVER-SEITIG!" Und die Programmierer verlegten die Save-Games von den Charakteren auf die Server, und kümmerten sich darum dass alle wichtigen Spielberechnungen ebenfalls auf dem Server stattfanden. Plötzlich war es nicht mehr möglich seinen Charakter zu editieren und ihm völlig absurde Werte zu geben. Und es war auch nicht mehr möglich sich unsterblich zu machen, oder unendlich viel Schaden zu machen. Die Communities beruhigten sich wieder, und die Spieler konnten wieder in Frieden miteinander Spielen. Und Gott sah, dass es gut war.

Aber noch spielten alle Spieler in einzelnen, kleinen, völlig voneinander getrennten Spielen, maximal 4 oder 8 gleichzeitig im selben Spiel. Und jedes Spiel wurde neu erstellt und kurze Zeit nachdem die Spieler es wieder verlassen hatten wieder gelöscht und vom Server entfernt. Nur die Charaktere waren konsistent, und die Spieler mochten ihre konsistenten Charaktere. Also wünschten sie sich konsistente Welten in denen ihrer Charaktere leben konnten, mit denen sie interagieren konnten und die sich anfühlten wie echt. Also sprach Gott: "WERDET MMORPG!" Und die Programmierer erfanden Ultima Online. Nun hatten die konsistenten Charaktere plötzlich konsistene Welten in denen sie leben konnten. Und sie lebten, heirateten, bekamen Kinder, bauten Häuser, arbeiteten in verschiedenen Berufen, wurden groß und berühmt oder starben völlig unbekannt. Und sie begannen sogar selbst Spiele zu spielen. Und die Spieler waren glücklich und spielten so viel in dieser fremden Welt, dass sie ihre eigene Welt und ihren eigenen Gott vergaßen. Und Lord British sah, dass es gut war.

Aber dann kam der Teufel und führte die Programmierer in Versuchung: "Verlange monatliche Gebühren und du wirst reicher sein. Du wirst reicher sein als alle anderen und alle werden sie dich beneiden. Du willst doch reicher sein als die anderen? Das ist doch der Grund, warum man Spiele programmiert, nicht?" Und viele Programmierer konnten nicht widerstehen. Also sprach die Spiele-Industrie: "ZAHLET MONATLICH GEBÜHREN!" Und die Spieler bezahlten. Sie bekamen einen konsistente Welt die auf Servern lief die regelmässig gewartet werden mussten, und die man mit teurer neuer Hardware upgraden musste um die wachsenden Spielerzahlen beherbergen zu können, und nicht im Lag zu versinken. Und das MMORPG bot den Spielern viele lange Jahre Spaß, viel länger als das andere Spiele taten. Dafür bezahlten sie gerne monatliche Gebühren, und die Spiele-Industrie gab den Programmierern eine kleine Gehaltserhöhung und behielt den Rest für sich und verdiente sehr, sehr viel Geld. Und die Spiele-Industrie sah, dass es nicht genug war.

Das Internet verbreitete sich rasend schnell, und mehr und mehr Spieler konnten sich eine Flatrate zulegen, so dass sie soviel online spielen konnten wie sie nur wollten. Aber trotz dieser potentiellen neuen Kundschaft, blieben die MMORPG-Spieler anfangs eine kleine verschworene Community die oft gemeinsam von Spiel zu Spiel wanderte. Aber all die anderen Spieler bezahlten keine monatlichen Gebühren. Also sprach die Spiele-Industrie: "WERDET MASSENTAUGLICH!" Und die Programmierer ließen einfach alles weg was schwierig und kompliziert war. Sie erfanden Spiele in denen man nicht mit der Welt interagieren konnte, in der ziemlich eng vorgegeben war, was ein Charakter machen konnte und die sich nicht so echt anfühlte. So entstanden Everquest und World of Warcraft. Und viele Spieler kauften es. Und weil sie alle noch nie zuvor ein anderes MMORPG gespielt hatten, bemerkten sie nicht, dass diese Welten ihren Charakteren nicht erlaubten mit ihnen zu interagieren oder wirklich darin zu Leben. Und deshalb bezahlten sie freudig monatlich viel Geld dafür. Und die Spiele-Industrie sah, dass er immer noch nicht genug war.

Aber die Server der immer populäreren MMORPGS kämpften schwer mit der Last der ständig wachsenden Spielerzahlen. Und obwohl die Spiele-Industrie mit den monatlichen Gebühren mehr als genug Geld verdiente um regelmässig neue, bessere Leitungen, mehr Bandbreite und bessere Server-Hardware kaufen zu können, taten sie es oft nicht, oder erst viel zu spät. Die Spieler litten große Qualen: Schlimmes Lag, Verbindungsabbrüche und ähnliche Sachen machten ihnen das Spielen zu Hölle und sie waren untröstlich. Und weil sie ja monatlich Gebühren bezahlten, verlangten sie von der Spiele-Industrie eine Verbesserung der Situation. Also sprach die Spiele-Industrie: "WERDET INSTANZ" Und die Programmierer fragten: "Aber werden die Spieler nicht sauer sein, wenn wir ihnen ihre konsistenten Welten wieder wegnehmen, und sie wieder in ganz normale, Zahlenbeschränkte Spiele stecken, die nachdem der letzte Spieler rausgeht vom Server gelöscht werden?" Aber die Antwort lautete: "Die Welten sind doch schon seit dem Zeitpunkt wo man nicht mehr mit ihnen interagieren kann nicht mehr konsistent, und niemand hat es bemerkt. Die Spieler wissen sogar ganz genau, dass die Server und mit ihnen die Welten einmal pro Woche komplett resettet werden, und bemerken es immer noch nicht!" Und so machten die Programmierer wie nach genau demselben Prinzip einzelne Spiele wie sie es schon damals für das Battle.net getan hatten, nannten sie "Instanzen" und beworben sie als "das MMORPG Spiel-erlebnis, ungestört von anderen Spielern!" und kümmerten sich darum, dass nur Spieler die Instanzen spielten gute Gegenstände, Gold und andere Belohnungen bekamen. Und umso mehr Spieler in den Instanzen waren, umso weniger trieben sich in der Spielwelt herum und so konnten die Server viel mehr Spieler aushalten ohne Lag-Probleme zu machen, und die Spiele-Industrie ersparte sich durch weniger Hardware- und Bandbreitenupgrades sehr, sehr viel Geld. Und die Spiele-Industrie sah, dass es immer noch nicht genug war.

Die Spiele-Industrie verdiente sehr viel Geld, weil nun sehr viele Spieler monatliche Gebühren bezahlten, und weil sie sehr viel Geld sparte, indem sie möglichst viele Spieler von den Spielwelten (bei denen schon die Konsistenz eingespart wurde) in die Instanzen lockten. Aber sie wollte noch mehr. Also sprach die Spiele-Industrie: "WERDET NOCH MEHR INSTANZ" Und die Programmierer begannen neuen MMORPGS zu schreiben, die nur mehr aus Instanzen bestanden, und über überhaupt keine großen Spielwelten mehr besaßen. Und die Spiele-Industrie hatte es geschafft den Spielern glaubhaft zu machen, dass Spiele ohne konsistenter Welt mit der man interagieren kann, sondern mit lauter kleinen Instanzen die beim betreten erstellt werden, anderen Spieler ausschließen und beim Verlassen wieder gelöscht werden, echte MMORPGS sind. Und die Spieler glaubten es, und waren bereit für die Vorteile die diese MMORPGS gegenüber normalen spielen wie Diablo boten, monatliche Gebühren zu bezahlen. Und nur einige wenige Programmierer wussten, dass diese angeblichen Vorteile bereits längst alle gekürzt worden waren, und die Spieler nur ein Battle.net Diablo spielten, in welchem der Chat-Kanal durch eine graphische Stadt ersetzt worden war, um die Illusion einer konsistenten Welt aufrecht zu erhalten.

geschrieben von streitmonolog | 0 Kommentare

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