Hellgate: London Dieser Artikel beschäftigt sich mit den Folgen und Gründen des Exodus bei Blizzard.

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Exodus

Es ist der Stoff aus dem Blues Legenden gemacht sind: Unterzeichne auf dem Scheideweg einen Vertrag, verliere einen Teil deiner Seele und du wirst solang reich und erfolgreich sein, bis der Gehörnte sich entschließt, deinen Teil des Vertrages zu erfüllen. Blizzard Entertainmant mag mit einem armen Mann aus Mississippi nicht viel gemein haben, aber beide haben den Status einer Legende erreicht, und beide haben einen kleinen Teil ihrer Seele verloren. Blizzard machte so unglaublich populäre Spiele (World of Warcraft, StarCraft, Diablo), dass ihr Erfolg die Betriebskultur veränderte, was dazu führte, dass eben jenes kreative Team, welches diesen Namen so groß machte, vertrieben wurde. Dieser Artikel beschäftigt sich mit den Folgen und Gründen dieses "Exodus". Die englische Originalversion findet ihr hier.


Stieg Hedlung war früher Lead Designer von Blizzard North, als wie einer der wichtigsten Köpfe hinter Diablo II. Er beschreibt sein Eintreffen bei Blizzard als den "totalen Kulturschock. Ich hatte bereits 9 lange Jahre in der Spielebranche gearbeitet, hauptsächlich mit japanischen Firmen. Diese hatten ziemlich rigorose Atmosphären, ganz besonders, wenn es um das Design ging. Dort wurde einem von oben diktiert, dass alles zuerst auf dem Papier entworfen und abgesegnet werden musste, bevor die Arbeit daran beginnen durfte. Bei Blizzard wollten sie nur einen ganz groben Umriss innerhalb dessen Grenzen man frei 'erforschen' wollte."

"Das Großartige war, ich hatte eine große Menge an Unabhängigkeit," sagte er, ein freilaufendes Rad der Kreativität beschreibend, um das ihn beinahe jeder beneiden würde. "Es gab keine Unternehmensleitung, wie in fast allen anderen Firmen, und selbst auf der Studio-Ebene musste ich keine Erlaubnis einholen, für die Idee, die ich verfolgen wollte. Ich begann einfach sie umzusetzen! Der Nachteil davon war, dass auch die ganze Verantwortung allein auf meinen Schultern ruhte. Ich machte reichlich Gebrauch von meinen Erfahrungen aus stärker disziplinierten Umgebungen, um mich selbst dazu zu bringen, zielbewusst und koordiniert zu bleiben, in den vielen Aufgaben die ich innehatte."

"Blizzard war sehr gemeinschaftlich. Ich konnte direkt zu dem Programmierer - oder der Person dessen Hilfe ich brauchte, um etwas umzusetzen - gehen, und über die besten Ansätze dafür sprechen," und er lernte diese Kultur der Offenheit von ganzem Herzen zu lieben. "Genauso war auch meine Tür immer offen für alle die einen Designvorschlag hatten - ich denke ich war sogar noch offener für neue Ideen als eine Menge Designer, mit denen das Team zu arbeiten gewohnt war: Einer dachte einmal, ich würde ihn ignorieren, weil ich an meinem Rechner tippte, während er sprach. Dann erklärte ich ihm, dass ich das niederschrieb, was er mir sagte!"

Ein anderer Blizzard-Flüchtling gibt uns eine ganz ähnliche Beschreibung von Blizzards Arbeitsumfeld: "Als ich angestellt wurde, waren bei Blizzard North etwa 30 Personen beschäftigt. Das hatte einen entscheidenden Einfluss sowohl auf das Arbeitsumfeld, als auch auf den Spielentwicklungsprozess. Vom Präsidenten bis zum IT-Techniker kannte jeder jeden beim Vornamen. Beinahe konnten wir alle gemeinsam an einem großen Tisch zu Mittag essen und ganz offen über Spiele diskutieren. Es war jedem möglich sich an den unterschiedlichsten Aspekten des Spieles zu beteiligen, auch wenn es nicht zu ihrer eigenen Abteilung gehörte."

Diese Kleinfirmenstruktur war aber immer mehr bedroht, als Blizzard aufgrund seine früheren Titel immer mehr wuchs, und erst recht durch den kometenhaften Aufstieg von World of Warcraft. Oben in San Mateo näherte sich Blizzard North seinem endgültigen Ableben und die Massenflucht begann. Einige Angestellte lehnten Blizzards großzügige Übersiedelungsangebote ins Hauptbüro nach Irvine ab, um ihre eigenen Firmenprojekte zu starten, oder sich anderen bekannten Firmen wie NCsoft anzuschließen. Als sich Blizzard North in schöne Erinnerungen auflöste, verteilten sich seine früheren Mitarbeiter in alle Winde, und starteten oder übernahmen stolze Positionen bei Firmen wie ArenaNet, Red 5 Studios, Flagship Studios, Perpetual Entertainment und Hyperboreal Games. Einige verschrieben sich selbst den Singleplayer-Spielen, während andere hervortraten um ihren früheren Arbeitsgeber auf dem Gebiet der MMOGs herauszufordern. Stieg arbeitete eine Zeit bei Ubisoft, bevor er er 2004 zu Perpetual Entertainment ging und half Gods and Heroes zu machen. Stefan und eine Gruppe anderer früherer Blizzard North Angestellter gründeten Castaway Entertainment, wo sie nun an einer ganzen Zahl an Projekten arbeiten. ArenaNet veröffentlichte Guild Wars, die Leute die zu NCsoft gingen arbeiten nun an Dungeon Runners, und die Flagship Studios starteten die Entwicklung an Hellgate: London.

Sie gingen zu vielen verschiedenen Firmen mit vielen verschiedenen Zielen, aber wenn es zu einer Diskussion über ihre Gründe für das Verlassen Blizzards kommt, dann herrscht eine einzige gemeinsame Grundmeinung vor die sich so zusammenfassen lässt: "Wir wollten etwas machen, das nicht Diablo oder World of Warcraft ist." Wenn Robert Johnson nun für alle Ewigkeit in der Hölle Blues spielen muss, so war das Nachspiel, das dem Blizzard Team bevorstand, folgendes: Ständig neue World of Warcraft Verbesserungen zu kreieren, für eine unersättliche Masse an Spielern, die alles was sie erschaffen mit den Füssen treten, es analysieren, in Stücke reissen, es hintergehen und ausnützen, zu Tode campen und die Entwickler dann namentlich beleidigen, weil es nicht noch mehr Content gibt. Und das wäre nur der Anfang gewesen. Also was bliebt einem Designer übrig? Den Vertrag am Scheideweg unterzeichnen, um die Welle des Erfolges zu reiten, oder sich umdrehen und ihre eigene Firma gründen?

Stieg erklärte es mir folgendermassen: "Intern funktioniert Blizzard wie ein Indie-Studio: Jeder einzelne kann eine Menge tun, um das Aussehen eines Spieles zu beeinflussen, und die Leute treten hervor und tun ziemlich heroische Dinge, um die Spiele so genial zu machen, wie sie sich das vorstellen. Die Zeitrahmen werden lang, und es wird viel im Crunch gearbeitet. Es ist eine sehr belastende Erfahrung und es ist schwer sich vorzustellen, dass dasselbe genauso nochmal möglich ist, wenn man in derselben Spielreihe weitermacht." Die andere Option für den früheren Diablo-Entwickler wäre das endlose Hamsterrad von World of Warcraft gewesen.

Während die Firma sich zu neuen Höhen emporschwang und die MMOG-Industrie ordentlich durchrüttelte, veränderte sich Firmenkultur selbst. Die Kleinteam-Atmosphäre in der jeder rund um einen Tisch scharen und über das Spiel diskutieren konnte verschwand zusehends, als die Firma größer und größer wurde.

"Ich glaube sehr fest daran, dass beides, das Verlassen von Blizzard und das gründen einer neuen Firma in starkem Zusammenhang stehen," sagte Stefan, obwohl er betonte, dass er nur für sich selbst sprach. "Ich genieße es wieder in einem kleinen, durchsetzungsfähigen Team zu arbeiten. Entscheidungen werden schnell und mit selbstbewusst getroffen, nicht nur weil jeder den anderen respektiert sondern auch weil man voneinander abhängig ist. So war es in früheren Jahren auch bei Blizzard North. So viele Spiele die sich gerade in Entwicklung befinden basieren nur auf ihrem Marktpontential das sie aus Filmen oder anderen Lizenzen beziehen. Als Designer liebe ich die Herausforderungen an neuen Welten, Konzepten und Charakteren zu arbeiten. Ein unabhängiger Entwickler ist viel beweglicher wenn es darum geht sich neuen Ideen oder Trends anzupassen. Ich will lieber führen als folgen."

Durch das Erschaffen eines der erfolgreichsten MMOGs aller Zeiten - und einiger der langlebigsten Spielereihen - erschuf Blizzard ein allesverzehrendes Monster und stolperte in das klassiche Dilemma der Blues-Legende: Du wirst zwar unglaublich erfolgreich und reich sein, aber du wirst niemals wieder etwas anderes tun können. Ganz egal wie genial deine neue Idee auch sein mag, es gibt immer ein gähnendes Loch, das noch mit Inhalt gefüllt werden will. Trau dich nichtmal eine Arbeit an anderen Projekten zu erwähnen, oder sechs Millionen verärgerter Leute werden dir Beschwerden schreiben und fragen warum du nichtmal einen verfluchten Server online halten kannst.

Eine meiner Quellen aus dem World of Warcraft Team sagte: "WoW war so ein Marathon, es kostete mich eine ganze Menge. Fünf Jahre sind eine lange zeit an einem Projekt, und dieses umfasste die gesamte Firma. Nach WoW wollte ich mich auf Inhalt konzentrieren, besser gesagt originellen Inhalt. Es gab viele Leute so wie mich, die schon acht oder zehn Jahre dabei waren und wirklich eine Abwechslung wollten." Darin liegt das Problem. Die Geschäftsidee ist leicht zu sehen: Mit einem Spiel das monatlich Millionen Dollar an Einnahmen wert ist, und das garantiert Millionen Stückzahlen von jeder Erweiterung verkaufen zu können, warum sollte man die Aufmerksamkeit des Teams irgendwoanders hinlenken, besonders auf ein Projekt das möglicherweise nicht erfolgreich sein könnte? Wenn man schon der Kreativität ein bischen mehr Platz bieten will, wäre der logische Schritt eine Fortsetzung von Starcraft oder Diablo zu machen. Nicht ein neues, ungetestetes Spiel oder Genre das ein Risiko beherbergt.

Durch das Erschaffen von drei der bekanntesten Spielereihen in der Geschichte des Computerspielens, machte Blizzard sich selbst zu einer sehr erfolgreichen Firma und brannte gleichzeitig die für den Erfolg verantwortlichen Leute aus, oder vertrieb sie. Sie stehen nun anders gesagt erneut am Scheideweg und es bleibt noch zu sehen ob sie wie die Blues Legende anfangen werden unterzugehen.

geschrieben von Shannon Drake, übers. und zusammengef. von streitmonolog | 0 Kommentare

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