Hellgate: London Bill Roper über Comics

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Wir sehen uns auf den Funny Pages

Eintrag vom 21. Oktober 2005

Bill Roper spricht in diesem Tagebuch-Eintrag über seine Vorliebe zu Webcomics, deren Geschichte und Entwicklung sowie seine Hoffnung bezüglich der Zukunft dieses Genres. Das englische Original findet ihr hier.


Während meiner täglichen Streifzüge durch das Internet nehme ich mir immer ein paar Minuten Zeit um ein paar Comics zu lesen. Erfreulicherweise findet man im Internet einige der besten täglichen, fast-schon-täglichen und unregelmäßig aktualisierten Comicstrips überhaupt. Ich bin schon immer ein großer Fan intelligenter, echt witziger Comics gewesen. Und ich hatte großes Glück dass mein Interesse an diesen täglichen Comicstrips zeitgleich mit dem auftrat, was meiner Meinung nach das goldene Zeitalter der Funny Pages war. Konkurrenzlose Genies wie Bill Watterson, Berkely Breathed, Gary Larson und Gary Trudeau brachten die facettenreichen und erstaunlich bedeutungsvollen Welten von Calvin and Hobbes, Bloom County, The Far Side und Doonesbury mit sich. Dies war die harmonische Annäherung von Humor und Kunst, und eine gutes Jahrzehnt lang erwachte ich jeden Morgen mit dem Bedürfniss die unwahrscheinlichen Ergebnisse ihrer Arbeit zu verschlingen. Dann, im Jahre 1995, geschah etwas ähnlich unwahrscheinliches. Watterson, Breathed und Larson zogen sich allesamt zurück. In einem Wimpernschlag verschwanden die Kindheits-Abenteuer von Calvin und seinem imaginären Freund, dem Tiger Hobbes, in einer ewigen Schneewehe. Obwohl die Einwohner von Bloom County bereits ins Outland umgesiedelt waren, verschwanden sie nun gänzlich in der Versenkung. Der unwahrscheinliche Surrealismus von The Far Side lehnte sich ein letztes Mal gegen die Konformität auf. Nur Doonesbury wurde fortgesetzt, und selbst Trudeau erwies dem Weggang seiner Kollegen die letzte Ehre, als Mark, ein homosexueller Charakter des Doonsbury-Comics, in den letzten Tagen von Outland zu sehen war, wie er mit dem ehemals heterosexuellen Steve Dallas von dannen zog, um ein neues Leben zu beginnen. Bald darauf bemerkte ich, dass ich mir die verbleibenden Comics zunehmend weniger, und dafür um so mehr die riesigen klaffenden Löcher ansah, die zurückgeblieben waren. Ich blieb dennoch eine Weile bei den Funny Pages, stets in der Hoffnung dass jemand anderes auftauchen würde der meine Vorstellungskraft wieder so fesseln würde wie es diese Künstler getan hatten. Traurigerweise tat dies keiner. Ich erlebte eine irgendwie "erwachsenere" Phase in meiner Bewunderung von Comics und beschäftigte mich mit den Arbeiten von Grafikkünstlern wie Frank Miller, Alan Moore, Alex Ross, Neil Gaimen, Kurt Busiek, Jim Lee, Jeph Loeb und Mike Mignola. Während dieser Zeit belebte ich meine Begeisterung für Filme wieder, und nach einer kurzen Zeit vergaß ich die Freude die mir die täglichen Comicstrips bereitet hatten. Dann, in einer späten Juni-Nacht 1999, erwischte ich mich selbst dabei wie ich die Zeit zwischen meinen Arbeitsschichten totschlug indem ich im Internet herumsurfte. Ich weiss nicht genau wie es geschah, aber letztendlich landetet ich auf einer Seite namens PVP Online. Die Tage meiner täglichen Comic-Ration waren zurückgekehrt! Mir eröffnete sich eine ganz neue Welt, oder genauer gesagt, eine ganze Menge neuer Welten. Manche der Comics die ich gelesen habe sind verschwunden, aber ein Großteil ist geblieben und ich sehe sie mir immernoch täglich an, in meinem Mittagspausen und wenn ich eine geistige Auszeit brauche, sowie an den Abenden zuhause. Ganz im Geiste der iPod-Generation folgt hier nun meine Webcomic-Playlist:

     
PVP Online              Penny Aracade

           
Real Life Comics        Order Of The Stick         Sinfest

Ihr bemerkt sicherlich dass sich das Thema Gaming wie ein roter Faden durch meine kleine Liste zieht. Aber die wirkliche geistige Verwandschaft dieser Seiten liegt in den exzellenten Zeichnung, cleveren Geschichten und den fesselnden Charakteren und Welten die die Künstler hier erschaffen haben. Ausserdem lockt mich die Tatsache, dass all diese Comics ihren Erschaffern gehören und dass sie die Leidenschaft und das Hauptinteresse der Leute sind, die sie aus den entlegensten Winkeln ihres fruchtbaren Geistes zu voller Blüte gebracht haben. Beim Festival of Cartoon Art im Jahre 1989 beschrieb Bill Watterson in seiner Rede , “The Cheapening of Comics”, gewandt und detailiert die Probleme, die bis heute mit der Zeitungs-Comic-Industrie bestehen. Er beendete seinen Auftritt mit diesem Statement: "Die Zeitungen könnten es besser machen. Die Gesellschaften könnten es besser machen. Die Cartoonisten könnten es besser machen. Die geschäftlichen Interessen im Namen von Effizienz, Massentauglichkeit und Profit, Profit und Profit bedienen nur den kleinsten gemeinsamen Nenner der Leserschaft und verhindern dass diese Kunstform sich weiterentwickeln kann. Es wird immer niveaulose Comicstrips geben, aber wir haben viel von dem Potential für andere Dinge verloren. Wir brauchen mehr Vielfältigkeiten bei Comics, nicht weniger. Diejenigen unter uns, die sich für Comics interessieren, müssen beginnen ihre Stimme erheben. Dies ist eine hervorragende Zeit und ein hervorragender Ort, um das zu tun." Ich hoffe Mr Watterson ist irgendwo dort draussen und genießt die Kunst, Freiheit und Brillianz, die das World Wide Web ihr zuhause nennt. Es ist ein hervorragender Ort und eine hervorragende Zeit, in der Tat.

geschrieben von Bill Roper, übersetzt von Lyc | 0 Kommentare

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