Hellgate: London Eine Story von Loyd, dem Helden im Hellgate-Universum.

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Der Schläfer

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Teil 18: Erkenntnis

Der Bau der Alten glich etwas das nur einem Albtraum oder Horrorfilm entsprungen sein kann. Eigentlich handelte es sich ja um das Erdgeschoss eines ziemlich verfallenen Gebäudes, aber das war von Innen eigentlich nicht mehr zu erkennen. Die Decke zum ersten Stock war scheinbar schon vor langer Zeit eingestürzt und lag immer noch in Trümmerform am Boden herum, welcher dadurch stellenweise ausgesprochen uneben wurde. Im ersten, erschrockenen Staunen hatte Lloyd nicht darauf geachtet und wäre beinahe gestolpert und hingefallen. Alle Fenster waren zugemauert worden, so dass nicht der kleinste Lichtstrahl von draußen reindringen konnte. Dank der eingestüzten Decke und der großteils ebenfalls eingerissenen Innenmauern und Zwischenwände entstand beinahe so etwas wie eine düstere Halle.

Beleuchtet wurde das ganze durch eine handvoll glühender Kohlebecken. Die Alte goss einen Schöpfer einer öligen Substanz in eines dieser Kohlebecken, in welchem daraufhin ein kräftiges Feuer zu flackern begann. Es qualmte und stank fürchterlich. Zum Glück war die Halle so groß, dass sie sich nicht schnell mit dem Rauch füllen konnte. Im Lichtschein des Feuers konnte Lloyd mehr von seiner Umgebung wahrnehmen. Schon nach dem ersten Blick wünschte er sich, sie hätte ihm diesen Anblick erspart. Die gesamten Wandflächen der Halle – selbst im ersten Stock – waren mit 'Trophäen' geschmückt. Alle nur erdenklichen Körperteile von erlegten Dämonen waren hier zu sehen, hauptsächlich aber Köpfe, Hörner und Klauen. Manche der Ausstellungsstücke wirkten noch ganz frisch, und Lloyd glaubte sogar von manchen noch Blut tropfen sehen zu können. Andere befanden sich bereits in fortgeschrittenem Verwesungszustand und waren von Armeen von Fliegen umschwirrt, während wiederum andere bereits völlig vertrocknet oder skelettiert waren.

Bei dem einzigen Eingang in dieses Gruselkabinett handelte es sich scheinbar um ein altes, quietschendes Garagentor. Groß genug, dass auch der gewaltige Carnagor seinen Weg ins Innere fand. Kurz schien er sich aufzubäumen, das Kommando der Alten anfechten zu wollen. Aber ein paar dunkle, lila schimmernde Blitze die aus den Händen der Hexe geschossen kamen brachten ihn schnell wieder unter Kontrolle. »Verdammte Biester«, knurrte die Alte, »Kaum dreht man ihnen den Rücken zu, springen sie dich an. Zeige ihnen einmal kurz Schwäche und sie werden versuchen dich zu zerfleischen. Einen Dämon musst du immer an der kurzen Kette halten, und die Peitsche muss immer griffbereit liegen. Sonst unterwerfen sie sich niemals deinem menschlichen Willen.« Lloyd horchte auf. »Seid ihr ein Mensch?«, fragte er unsicher. Die Alte antwortete wieder mit ihrem donnernden Lachen. »Mehr als das, mein junger Freund. Ich bin viel mehr als das.«

Lloyd wünschte sich Avena hätte ihn begleitet, doch die Alte wollte niemanden ausser ihn allein ins Innere ihrer Residenz lassen. Den beiden anderen war die Trennung scheinbar ebenso unangenehm gewesen wie Lloyd selbst, aber wenn die ganze Reise nicht völlig umsonst gewesen sein sollte, blieb ihnen wohl nichts anderes übrig, als der Alten zu vertrauen. Immerhin war dies scheinbar der Wunsch der Ratsversammlung. Aber besonders wohl fühlte sich Lloyd dabei trotzdem nicht. »Ich bin erwacht.«, meinte die Alte rätselhaft. »So wie ich aus meiner Amnesie erwacht bin?«, fragte Lloyd, der nicht recht wusste was er hier sollte. Er wollte das Ganze einfach nur noch schnell hinter sich bringen, und dann nichts wie weg von diesem verwunschenen Ort.

»NEIN!«, donnerte die Alte, plötzlich wutentbrannt, »Du bist nicht erwacht!« Dann fügte sie in etwas sanfterem Tonfall hinzu: »Noch nicht.« Der Dämon, der bei ihrem Aufschrei hochgeschreckt war, legte seinen Kopf langsam wieder auf den Boden. Er schien es sich auf seinem Platz bequem gemacht zu haben und nun zu dösen. Lloyd war nie auf den Gedanken gekommen, dass Dämonen dösen konnten oder gar Schlaf brauchten. Vielleicht tat er es auch nur aus Langeweile. »Ich bin erwacht«, orakelte die Alte, »Ich sehe die Welt mit anderen Augen als zuvor. Ich sehe durch die Illusion die mir meine Augen liefern. Ich höre durch die Phantomgeräusche die mir meine Ohren vorgaukeln. Ich sehe Magie und Kräfte von denen kein Mensch zuvor etwas ahnte.« Lloyd schüttelte den Kopf. »Schwarze Magie«, murmelte er.

Plötzliche Dunkelheit schien sich wie eine Flut über den Raum zu ergießen, das Feuer begann zu flackern wie von einem nicht fühlbaren Sturm gepackt. Die Hexe schien in Lloyds Wahrnehmung auf das doppelte ihrer Größe anzuwachsen und ihre Augen blitzten rot. »Du elender Wurm!«, wetterte sie erbost, »Gut und Böse, Himmel und Hölle, Schwarz und Weiß... Das ist das beschränkte Denken der Templer, aber denkst du wirklich es wäre so einfach? Glaubst du wirklich man kann alles in der Welt klar in zwei gegensätzliche Kategorien einordnen?« Lloyd schüttelte betreten den Kopf. »Jämmerlich«, fuhr die Alte fort, »Das sind die jämmerlichen Vorurteile derer die sich davor fürchten die Wahrheit zu erkennen. Es gibt kein Leben ohne Tod, kein gut ohne böse, kein Licht ohne Dunkelheit, denn das alles ist untrennbar miteinander verbunden. Das sind keine grundverschiedenen Gegensätze sondern jeweils nur zwei Aspekte ein und desselben Prinzips. Leben ist Tod, gut ist böse und Licht ist Dunkelheit. Alles ist eins. Erst wenn du gelernt hast zu sehen ohne zu werten, wirst du erkennen!«

»Ja, die Templer und ihre Schwarz-Weiß-Denkerei. Sie sind die guten, alle anderen die bösen. Ihre Magie ist weiß, alle andere Magie ist schwarz. So einfach können sie alles erklären was sie tun und so einfach weichen sie allen weiteren Fragen aus. Aber ich frage dich: Warum? Warum kamen die Dämonen ausgerechnet in unsere Welt? Was wollen sie hier, was wollen sie von uns?« Lloyd wusste nicht was er antworten sollte, aber die Alte wartete eindeutig auf eine Aussage von ihm. »Vielleicht gefällt ihnen unsere Welt besser als ihre eigene, darum wollen sie sie uns wegnehmen«, antwortete er zögerlich. Die Alte lachte ihr dämonisches Gelächter. »Und warum, wenn ihnen unsere Welt besser gefällt, verändern sie sie dann und machen sie ihrer eigenen ähnlicher?« Lloyd wusste keine Antwort. »Vielleicht wurden sie auch in ihrer Heimatwelt von einer noch schlimmeren Macht vertrieben und mussten hierher flüchten«, versuchte Lloyd es auf einem anderen Weg. Er wusste sowieso nicht, wo dieses Gespräch hinführen sollte. »Unwahrscheinlich«, erwiderte die Alte, »Warum haben sie uns nicht alle getötet? Sieh dir ihre Überzahl an, bewundere ihre Macht und Stärke. Die Templer sind im ersten großen Kampf reihenweise gefallen. Glaubst du wirklich, den wenigen Überlebenden ist es zu verdanken, dass es noch Überlebende gibt auf der Welt? Die Dämonen hätten sehr wohl die Mittel uns alle zu töten. Vielleicht wäre es ein verlustreicher Kampf, aber seit wann scheren sich die Dämonen um ihre Verluste? Nein, ich bin überzeugt davon, dass sie uns nicht alle auslöschen wollten. Aber Warum? Was haben sie mit uns vor? Wofür haben sie uns am Leben gelassen?« Lloyd schüttelte wieder den Kopf. »Das kann ich nicht glauben«, flüsterte er.

»Sieh und erkenne!«, befahl die Alte in gebieterischem Tonfall. Und plötzlich Lagen ihre klauenbesetzen Hände an Lloyds Schläfen, obwohl er nichts von ihrer Annäherung bemerkt hatte. Wie gelähmt stand Lloyd da, unfähig sich zu wehren. Wieder schoss die Welt von ihm Weg, genau wie in dem Moment wo ihn auf den Straßen die Magie eines Dämons erfasst hatte. Er wurde fortgespült von einem gewaltigen Strom aus Bildern und Szenen die alle nur für den Bruchteil einer Sekunde vor seinem inneren Auge aufblitzten. Doch bevor wieder alles um ihn schwarz wurde packte ihn plötzlich jemand am Arm. Es war die Alte, doch in seiner Vision war sie junges Mädchen von exotischer Schönheit. Sie zog seinen Kopf aus dem Strom und lehrte ihn zu schwimmen, selbst die Kontrolle zu übernehmen. Noch etliche Male war Lloyd in Gefahr von der Strömung einfach hinfortgerissen zu werden, doch jedesmal wieder wurde er am Arm gepackt und zurück auf Kurs gebracht.

Als er schließlich nicht mehr all seine Energien dafür benötigte einfach nur den Kopf über Wasser zu halten, konnte er erstmals versuchen sich zaghaft umzusehen. Und siehe da: Der endlose Schwall an Bildern begann sich zu verändern. Es stellte sich eine lose Art von grober Sortierung ein, und Lloyd konnte erste Zusammenhänge zwischen den Bildern erkennen. Doch noch bevor er Zeit hatte sich irgendwie zu Orientieren oder zurecht zu finden, winkte ihm das Mädchen ihr zu folgen und bahnte sich elegant einen Weg durch das Wirrwarr. Sie führte Lloyd zu einer bestimmten Gegend die er als die Vergangenheit erkannte. Und plötzlich tauchten sie in eines der umherschwirrenden Bilder ein. Lloyd konnte plötzlich Avena sehen, wenn er auch nicht genau wusste ob er nun von oben auf sie herabblickte, sie von seitlich, vorne oder hinten sah. Sowohl Raum als auch Zeit schienen in dieser Welt eine völlig andere Bedeutung zu haben. Avena irrte scheinbar alleine durch die zerfallenen Straßen Londons. Ein Geräusch ließ sie plötzlich innehalten, dann lief sie behende auf eine Hausecke zu. Lloyd konnte die Hausecke von allen Seiten gleichzeitig sehen, auch von innerhalb des Hauses, und so wusste er auch was auf der anderen Seite der Ecke passierte und das Geräusch verursacht hatte: Ein völlig verwahrloster Mann, der genausogut auch hätte ein Zombie sein können, war soeben von einem Stalker angefallen worden. Mit großem Staunen erkannte Lloyd, dass dieser Mann er selbst war, und dass er soeben die Szene beobachtete in welcher er Avena zum ersten Mal begegnet war.

Ein Strom an weitern Bildern rauschte vorbei, viel zu schnell als das Lloyds Verstand irgendetwas davon erfassen konnte. Dann sah er plötzlich wieder Avena vor sich. Doch diesmal stand Pretor an ihrer Seite. Er schien ausgesprochen Missmutig zu sein, und murrte etwas von sinnloser Warterei. Gerade als Lloyd erkannte, dass diese Szene sich gerade eben jetzt abspielte und seine beiden Weggefährten zeigte die draußen auf seine Rückkehr warteten, huschte das Mädchen wieder weiter und ließ eine neue Bilderserie an Lloyd vorbeirasen. Nun konnte Lloyd sich selbst sehen, wie er mit Avena an seiner Seite vorsichtig durch ein Trümmerfeld schritt. Und vor ihnen befand sich ein ovales, schwarzes Etwas, dessen bösartige Ausstrahlung Lloyd sogar in seiner Vision körperliche Schmerzen bereitete. Das Höllentor. Lloyd konnte nicht sagen woher dieses Wissen kam, aber er wusste es einfach. Das war das Höllentor, und in seiner Vision sah er Avena und sich selbst davor stehen. Umringt von eine gewaltigen Schaar aus unzählbaren Dämonen. Und dann sah er nur noch sich selbst, heulend über den Leichnam Avenas gebeugt.

»NEIN!«, schrie Lloyd, inzwischen schweißgebadet, und die Vision verpuffte. Er wandte sich um und wollte sofort zu Avena hinausstürmen, doch die kratzende Stimme der Alten hielt ihn zurück. »Warte!«, rief sie, »Du bist noch nicht bereit. Du musst noch vieles Lernen bevor du wagen kannst, dich deinem Schicksal zu stellen!« Doch Lloyd hörte nicht auf sie. Sekunden später hatte er das Gebäude verlassen.

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geschrieben von streitmonolog | 102 Kommentare | kommentieren

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